Johanna Borchert legt mit ihrem neuen Album FM Biography eine zwischen Pop und Avantgarde verortete Songplatte vor, die sie gemeinsam mit großartigen Musikern wie Fred Frith, Julian Sartorius und Shahzad Ismaily eingespielt hat. Voller Poesie und großer suggestiver Kraft ist FM Biography, aber genauso Pop, wie es wiederum nicht Pop ist. Genauso Jazz, wie auch wieder nicht. Auch Rockanmutungen sind Johanna Borchert keineswegs fremd und harte elektronische Klangkanten ebenso wenig. Geprägt von diesem Klangreichtum erweist sich FM Biography gleichzeitig als Musik der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft.
Neue kreative Zeitrechnung
Die Songs auf FM Biography sind eine Sammlung von Geschichten und Einfällen, die so zu keinem der anderen Projekte von Johanna Borchert (u.a. Schneeweiss & Rosenrot, Little Red Suitcase) passten: „Die Stücke haben ihr ganz besonderes Eigenleben“, führt die Künstlerin aus, „das muss und kann ich nur selber umsetzen. Das muss ich selber singen.“ Diese Erkenntnis ist für Johanna Borchert der Startpunkt einer neuen kreativen Zeitrechnung, die ihren Beginn weitab der Heimat, am Mills College im kalifornischen Oakland, findet. Dorthin zieht es sie auf Einladung von Fred Frith, der am College unterrichtet.
„Ich kannte Fred Frith durch Platten und seinen Film Step Across The Border und fand ihn überaus spannend“, erzählt die Pianistin und Sängerin die Geschichte der Begegnung mit ihm und den Folgen. „Als er in Kopenhagen konzertierte, organisierte ich mit Elena Setien – meiner Duopartnerin von Little Red Suitcase – einen Workshop mit Fred Frith. Dabei drückte ich ihm unsere gemeinsame CD in die Hand. Er hörte sie und lud uns daraufhin ein, in New York ein Konzert zu spielen. Es ergab sich, dass wir mit ihm jammten. Anschließend verhalf er mir zu einem Artist in Residence-Aufenthalt in Oakland. In Kalifornien verbrachte ich die inspirierendsten und glücklichsten drei Monate meines Lebens.“ Kein Wunder also, dass dort die ersten Stücke für das Album FM Biography entstehen.
Eine Band, welche die kalifornischen Lieder von Johanna Borchert spielen soll, gibt es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Schnell jedoch nimmt sie schon erste Gestalt an. „Nachdem Fred Frith mir irgendwann offenbarte, ich müsse nun wissen, dass ich soweit sei, mit jedem Musiker dieser Welt spielen zu können, konnte ich nicht umhin, ihn zu fragen, ob er – mit seinem Sinn für eine endlose Klangvielfalt und seinen breit gefächerten, musikalischen Einflüssen – nicht beim Spielen meiner neuen Stücke mitwirken wollte. Er sagte sofort zu.“ Ein weiterer musikalischer Mittäter ist der Multiinstrumentalist Shahzad Ismaily, der den Bass sowie Gitarren- und Synthesizerklänge beisteuert. Bereits als Produzent für Künstler wie Yoko Ono, Laurie Anderson, oder Bonnie Prince Billy verantwortlich, übernimmt er auch auf FM Biography diese Rolle gleich mit. Die wunderbaren Groove-Momente kommen von Julian Sartorius. Ihn lediglich als Schlagzeuger zu bezeichnen wäre untertrieben, ist er doch eher Klangrhythmiker, was er schon in der Band von Sophie Hunger eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat. Für den Schweizer Musikpreis ist er zudem nominiert.
Raum, Weite und atmosphärisch hoch verdichtet
Atmosphärisch sind Johanna Borcherts Stücke hoch verdichtet und doch voller Raum und großer Weite, die auch genügend Platz lassen für einen Gitarristen wie Fred Frith. Wie etwa im Stück „Desert Road“. Dort lässt Fred Frith seine Gitarre flirren wie die heißen und schneidenden Strahlen der Sonne. Oder er schickt sie in den Horizont und lässt sie in unbestimmter Ferne einsam verklingen. Die glühende Hitze bringt die Harmonien und Beats zu einem langsamen Dahinschlurfen. Über allem schwebt frei im Raum eindringlich Johanna Borcherts Gesang als Medium der puren Emotion. Sie lässt lyrische Bögen in Schönheit erstrahlen, kennt die starken Töne der glitzernden Höhen und eine sehnsüchtige melodiöse Anmut. Und die zerbrechlichen Töne der Zerrissenheit, die sich mit Sehnsucht und Zärtlichkeit vollgesogen haben wie ein Schwamm mit Wasser.
All das macht „Desert Road“ zu einem Lied, das ganz im Sinne von Tom Waits neben der strahlenden Sonne auch die tief fallenden Schatten kennt. Wie in „Desert Road“ sind auch die weiteren Songs zurückgenommen in der Komposition: so minimalistisch wie nötig und doch so ergreifend wie möglich. Aus diesen Verknappungen erwächst weitaus mehr Kraft als aus jedweder Opulenz. Mit jedem weiteren Stück entführt Johanna Borchert den Hörer in einen neuen, anderen Klangkosmos. „Komponieren, das ist für mich immer wieder das Reingehen in eine total andere Welt. Voller unbändiger Neugier und Freude will ich stets neu formen. Ganz unvoreingenommen. Für mich ist Musik einfach die pure Offenheit.“
Johanna Borchert ist eine Musikerin, die sich nie zufrieden gibt, die immer wieder aus- und aufbricht. Mal spiegelt sich dies im zarten Beginn eines Vorspiels und einer anschwellenden Dynamik, die erst flüchtig wird und sich schließlich ganz auflöst wie in „Wide Land.“ Dann präsentiert sie einen Song, der auf faszinierende Weise zwischen kontrollierter Komposition und freiem Ausufern der Instrumente, bis hin zu rätselhaften Klängen changiert – wie in „Soulmates.“ Johanna Borcherts Lieder strotzen dabei nur so von lebensbejahender Seelentiefe.
FM Biography ist für seinen Hörer nicht ohne Risiko. Wie aus dem Nichts kommt aus einer der Boxen eine starke Hand, packt ihn und zieht ihn in die Musik hinein. Verpasst ihm einen Gänsehautmoment nach dem anderen. Bis der letzte Ton verklungen ist.
Tourdaten:
2015
25.10.2015 Hamburg / Nochtspeicher – Band
29.10.2015 Nürnberg / Tafelhalle – Band
31.10.2015 Kirchheim-Teck / Club Bastion – Solo
04.11.2015 Weimar / Mon Ami – Solo
06.11.2015 Hannover / Pavillon – Solo
08.11.2015 Helmbrechts / Textilmuseum – Solo
11.11.2015 Aalen / 24. Aalener Jazzfest – Solo
13.11.2015 Karlsruhe / ARD Hörspieltage im ZKM – Solo + Visuals
27.11.2015 Düsseldorf / Approximation Festival – Solo
29.11.2015 Arnstadt / Bach Advent – Solo
10.12.2015 Berlin / Kantine Berghain – Band
24.12.2015 Bremen / Kulturkirche St. Stephani (Solo)
2016
21.01.2016 München / Unterfahrt (mit Band)
22.01.2016 Karlsruhe / Tempel (mit Band)
23.01.2016 CH-Zürich / Moods (mit Band)
29.01.2016 Gütersloh / Jazz in Gütersloh (mit Band)
26.02.2016 Einbeck / Kultur im Esel (Solo + Visuals)
Weitere Informationen: www.johannaborchert.de
Hintergrund:
Johanna Borchert (Vocals, Piano, Synths, Produktion):
Die Pianistin Johanna Borchert wurde 1983 in Berlin geboren und wuchs in Bremen-Ritterhude auf. Schon als Kind zeichnete sich ihre eigenwillige und in die musikalische Freiheit ausbrechende Musikerpersönlichkeit ab. Neben Meilensteinen wie Bach, Monk, Shorter, Messiaen, Cage oder Ligeti sind ihre Aufenthalte in Kalifornien in Zusammenarbeit mit Fred Frith und Chris Brown oder 2007 in Chennai, Indien, mit dem Studium klassischer indischer Musik Inspirationsquellen ihrer Arbeit.
Bekannt ist Johanna Borchert vor allem durch ihre Bands Schneeweiss & Rosenrot und Little Red Suitcase, mit denen sie bisher in vielen Ländern Europas wie auch in Asien und den USA tourte. Als Co-Leaderin der Band Schneeweiss & Rosenrot gewann sie 2012 den Neuen Deutschen Jazzpreis; mit ihrem Duo Little Red Suitcase mit der Sängerin Elena Setièn war sie 3 Mal für den Dänischen Musikaward (2006, 2008, 2013) nominiert.
Im Oktober 2012 veröffentlichte Johanna Borchert ihr Debüt als Solistin am Klavier. Die 13 teils frei improvisierten Stücke nennt sie das Orchestre Idéal.
Seit 2010 tritt Johanna Borchert mit ihrem Soloprogramm nicht nur als Pianistin und Komponistin sondern auch als Sängerin in Erscheinung. Tobias Richtsteig lobt ihr Soloprogramm mit den Worten: „impressionistische Jazz-Harmonik und eingängige Pop-Balladen sind kein Gegensatz, sondern die Komponenten eines sehr persönlichen Konzerts von unberechenbarer Sprengkraft.“ Und Bert Noglik beschreibt 2012: „Mit ihrem Soloprogramm sprengt die international agierende Künstlerin erneut die Grenzen zwischen Jazz, Pop und Avantgarde…“.
Fred Frith (Gitarre):
Fred Frith gehört zu den profiliertesten Gitarristen der Avantgarde Jazz-Szene und ist Professor am Mills College in Kalifornien und in Basel in der Schweiz.
Julian Sartorius (Schlagzeug):
Julian Sartorius ist der richtige Mann für den Groove mit außergewöhnlichen Sounds. Er ist einer der gefragtesten Schlagzeuger der Schweiz. So war er einige Jahre sehr aktives Mitglied in der Sophie Hunger Band, die internationale Bekanntheit gewonnen hat.
Shahzad Ismaily (Bass, Gitarre, Schlagzeug, Produzent):
Der in New York und Island lebende Musiker und Produzent wirkt in unzähligen Bands und Projekten mit. Produktionen u.a.: Jolie Holland, Bonnie Prince Billy, Yoko Ono, Laurie Anderson.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von X. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr Informationen