Matias Aguayo & The Desdemonas mit neuem Album bei Crammed Discs

„Ich wollte eigentlich gar kein Album machen“ sagt Matias Aguayo über sein neuestes Projekt, ein vielschichtiges Konzeptalbum an Seite seiner neuen Band The Desdemonas, „für mich ist beim wesentlichen Moment des kreativen Prozesses die Vorstellung einer möglichen Veröffentlichung weit entfernt. Es geht mir mehr um einen Entdeckungsprozess voller Überraschungen.“ Diese haben sich schließlich doch auf einem Doppelalbum, das am 13.10.2017 bei Crammed Discs veröffentlicht wird, manifestiert, bei dem diffuse Postpunk-Erinnerungen, nächtliche Tropicalia-Rhythmen und der Geist des freien Experiments mit traumhaften Formen von Rock, Disco und dystopischem Dub verschmelzen.

Geboren in Chile, aufgewachsen in Deutschland, umtriebig in Argentinien, Frankreich und Mexiko, steht Matias Aguayo stellvertretend für einen nicht an Orten und Nationen gebundenen Sound der Elektronikszene und ist hat maßgeblich dabei mitgeholfen, globale Varianten von Clubmusik wahrnehmbarer zu machen. Er hat Alben bei dem Kölner Label Kompakt aufgenommen und sein eigenes, ebenso legendäres Label Cómeme gegründet, auf er vornehmlich lateinamerikanische Elektronik-Künstler wie Rebolledo oder Daniel Maloso veröffentlicht hat, sowie Produktionen von Lena Willikens oder Philipp Gorbachev.

Bei seinem Desdemonas-Projekt lässt Aguayo allerdings die Clubmusik und das DJ-Set beiseite, um als Frontmann einer Post-Electronic-Band etwas komplett Neues zu schaffen. Dabei wird er begleitet vom Schlagzeuger Matteo Scrimali, dem Keyboarder Henning Specht und dem Gitarristen und Bassisten Gregorio Gomez. Aguayo selbst tanzt, singt, spielt Percussion und sein eigens für die Shows konzipiertes Instrument „The Mona“. Basierend auf ersten Home Recordings wurde das Album an unterschiedlichen Orten wie dem Studio Nadel 1 und Aguayos eigenem Studio The District Union in Berlin eingespielt, immer auf der Suche nach dem perfekten Take. The District Union grenzt an einen Friedhof, so dass man auf einem Stück im Hintergrund die Vögel zwitschern hört. Außerdem ging die Band noch ohne Veröffentlichung im Rücken auf Tournee und improvisierte Stücke, die anschließend im Studio aufgenommen wurden. Eines dieser live improvisierten Stücke ist auch auf dem Album vertreten.

Der Albumtitel Sofarnopolis beschreibt die Kulisse für die Abenteuer, die in den Songs erzählt werden. „Die Platte ist der Soundtrack für eine Erzählung rund um die Stadt Sofarnopolis. Vielleicht ist Sofarnopolis auch ein Bewusstseinszustand – und die Desdemonas der dementsprechende Klang“ so Aguayo. Der fiktive Ort hat sich in der Vorstellung der Band so weit entwickelt, dass Aguayo auch Menschen und Orte jenseits seiner eigenen Band dort sieht: „Sofarnopolis ist eine imaginäre Stadt, vielleicht in einer Parallelwelt, wo Bands immer noch das heißeste Ding sind und die Plattenindustrie groß. Es gibt dort Bands wie die Desdemonas, Solid Bass, Cold Fever und Jonnie Frugo, die in unterschiedlichen Clubs spielen. The Rabbithole ist der legendärste unter ihnen. Es geht um einen Haufen Heranwachsender, die diese legendäre Zeit erleben, die mehr unseren Erinnerungen als unserer Realität ähnelt“.

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Die Idee zu Sofarnopolis kam Aguayo bei seiner Rückkehr nach Köln und dessen Umland, wo er teilweise aufgewachsen ist. „Ich nahm ein Aufnahmegerät, Keyboards, eine Drum Machine, einen Looper, ein Mikro und keinen Computer mit – ich wollte nicht auf einen Bildschirm starren – und was sich in diesem frühen Stadium herauskristallisierte, definierte fortan die Atmosphäre und Stimmung von Sofarnopolis und den Desdemonas.“ Sein Gehirn vernetzte sich mit seiner Teenagerzeit und bestimmte fortan einen großen Teil des Tons auf dem Album: „Als die Erinnerungen an meine Teenagerzeit aufkamen, war das wie bei Flashbacks, in denen die Zeit eine andere Bedeutung bekommt. Für mich heißt Musikmachen auch die Freiheit der Zeitreise und ich meine das nicht in einem referenziellen Sinn – es geht mehr um die Freiheit, einen vielschichtigen Raum schaffen zu können, in dem man verschiedene Zeiten vereinen kann, unerwartete Verbindungen herstellen kann, um so gewissermaßen der Beschreibbarkeit zu entkommen.

„Ich wuchs in einer Kleinstadt auf dem Land auf. Zugang zu Musik war schwierig, so dass ich nachts Radiosendungen mit seltsamer Musik auf Kassette aufnahm, um an den Sound zu kommen, den ich hören wollte. Zudem nahm ich auch die mysteriösen Klänge der Ultrakurzwellen auf, Synth-mäßige Sounds, die sich mit fremden Sprachen mischen würden oder mit rätselhafter Musik, und natürlich das allgegenwärtige Rauschen. Als ich erste Ideen für das Album aufnahm, sollte die Stimmung mich mit dieser Zeit irgendwie wieder in Verbindung setzen, oder besser mit der Erinnerung, die ich davon habe.“ Diese Erinnerungen schlagen sich auch im Umgang mit Text nieder, dieser wächst aus Improvisationen, in einem recht intuitiven Prozess, bei dem auf Englisch, Deutsch und Spanisch gesungen wird.

Der klangliche Eklektizismus des Albums passt zu dessen Vielfalt der Ideen und Konzepte. Stilistisch wird das Album mit dem Twin Peaks-haften „6am“ eröffnet, der Ansatz von „Nervous“ bewegt sich zwischen Can und PiL‘ und das abschließende „Antidoto“ baut Bedrohung und Spannung auf, die sehr kinematographisch wirkt. Es ist ein Album, das in Produktion wie Wahrnehmung in vielerlei Hinsicht als Gegengift (Antidoto) zu den heutigen Zeiten gedacht ist: „Ich will eine komplexe Hörerfahrung erschaffen, die auf vielen Ebenen reflektiert wird. Das benötigt Aufmerksamkeit und braucht Zeit und ich will dem Publikum die Möglichkeit geben, eintauchen zu können und im Laufe der Zeit neue Details zu entdecken, die im Gegensatz zur heutigen Praxis der Arbeit und Wahrnehmung der Social Media-Raserei und damit verbundener Psychopathologie und den kurzen Aufmerksamkeitsspannen steht.“

Der visuelle Teil des Albums besteht aus einer Serie von Skizzen und Zeichnungen, die die in der Musik erforschten Themen und Charaktere verbinden: „Ich lese viele Comics bzw. Graphic Novels und reflektiere auf die ein oder andere Art die Stimmungen der Desdemonas-Songs mit diesen Zeichnungen“, sagt Matias. Sie werden durch Videos und Cartoons zum Leben erweckt und einige davon finden sich auch im Artwork des Albums. All das ist ein Teil eines größeren, weiter gefassten Plans, den Aguayo für seine immer weiter wachsende und gedeihende Arbeit hat.

Mehr als alles andere hat er allerdings eine komplette Welt erschaffen, in der Menschen abtauchen können: „Ich habe diese Idee, eine wirklich komplexe Geschichte anzubieten, die über das Abtauchen in die Musik, den Text und die Zeichnungen zugänglich wird und die Phantasie des Publikums dadurch immer weiter stimuliert und stärkt. Ich möchte die Menschen einladen, diesen Ort für Phantasie, Konzentration und Leichtigkeit zu nutzen.“

Dann bliebe noch zu klären, wie es zu dem Namen The Desdemonas kam. Dazu sagt Aguayo: „wir alle mochten die Idee der klassischen Rock ‚n‘ Roll-Bandnamen à la Bill Haley & His Comets, Johnny Thunders and the Heartbreakers, Fruko y sus Tesos und The Desdemonas klang für mich wie ein perfekter Bandname aus der coolen Phantasiewelt von Sofarnopolis.“

Konzerte:
05.08.2017 Olganitz / Nachtdigital
17.08.2017 Köln / c/o pop
03.11.2017 Hamburg / Häkken
04.11.2017 Köln / Museum Ludwig
06.11.2017 Berlin / Gretchen
Weitere Konzerte sind in Vorbereitung.

Weitere Informationen:
http://www.matiasaguayo.com/
https://www.facebook.com/don.matias.aguayo/

MATIAS AGUAYO & THE DESDEMONAS
Das Album: Sofarnopolis
VÖ: 13.10.2017
Label: Crammed Discs
Vertriebe: Indigo (CD) / PIAS (digital)
Bestellnummer: cram279
Formats: CD, 2LP, digital
EAN: CD: 876623007821 / 2LP: 876623007838 /
Digital: 5410377904286
Labelcode: 08689

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