2017 erschien Oumou Sangarés letztes Album Mogoya. Davor waren acht lange Jahre vergangen, in denen sich die Sängerin aus Mali vor allem ihren Aufgaben als erfolgreiche Geschäftsfrau in vielen Branchen von der Hotellerie über den Autohandel bis zur Fischzucht widmete.
Auf dem in Stockholm und Paris eingespielten Album Mogoya beschritt die Frau, die früher auf den Straßen Bamakos Wasser verkaufte, einen schmalen Grat zwischen der traditionellen Musik ihrer Heimatregion Wassoulou in Mali und einer technologiebedingten Entwurzelung. So fand sich Oumou Sangaré plötzlich in eine neue Popkulturdimension katapultiert. Der kongolesische Künstler JP Mika malte sie für das Albumcover, Remixe von Sampha, St Germain, Malik Djoudi und anderen folgten für das Album Mogoya Remixed und Beyoncé sampelte sie für den Song „MOOD 4 EVA“. Nie schien Oumou Sangaré weiter von ihrem Heimatland entfernt zu sein.
Unter diesem Eindruck kam No Format!-Labelchef Laurent Bizot die Idee einer Akustikversion von Mogoya: „Nach einem Konzert in London aus Anlass des 15. Geburtstags von No Format! schlug ich Oumou vor, das Album, eine Art Mogoya Volume III, einzuspielen. Für dieses Konzert stimmte sie zum ersten Mal überhaupt einem Akustikansatz zu, was für ein Loslassen steht. Der dadurch entstandene Raum für ihre Stimme war einfach wunderbar.“
Acoustic, das am 28.08.2020 veröffentlicht wird, wurde in nur zwei Tagen (oder besser: durchgearbeiteten Nächten) unter „Live-Bedingungen“ ohne die sonst üblichen technischen Annehmlichkeiten im Midi Live Studio in Villetaneuse eingespielt. Es gab keine Verstärker, keine zweiten Takes, keine Overdubs, keine Kopfhörer – kein Netz und keinen doppelten Boden. Jeder Musiker stellte sich auf das Ensemble ein und fügte doch seinen eigenen Touch, seine eigenen Nuancen hinzu. Mit dieser auf ein Minimum reduzierten, sehr egalitären Herangehensweise stellte sich eine Gruppendynamik und Wärme ein, die zu einer heutzutage sehr seltenen emotionalen Intensität führten und so etwas wie einen Moment der Wahrheit hervorbrachten.
Um Oumous strahlende Stimme versammelten sich im selben Raum die Backing Vocals von Emma Lamadji und Kandy Guira, der Gitarrist Guimba Kouyaté und Oumous Cousin Brahima „Benogo“ Diakité an der Kamele Ngoni. Er spielt seit Oumous epochalem ersten, 1989 auf Cassette erschienenen Album Moussolou an ihrer Seite. Zu diesem Miniensemble stieß an Toy Organ und Celesta Vincent Taurelle vom Pariser Kollektiv Albert, der schon auf Mogoya eine große Rolle gespielt hatte. Auf dem in einem afrikanischen Kontext entstandenen Akustikalbum sorgte er für so etwas wie den „exotischen Touch“.
Mit fast nackt klingender Stimme und ohne Ablenkungen jeglicher Art thematisiert Oumou Sangaré in den neun Songs das bittere Gegengewicht zu ihrem großen Erfolg: all die Eifersucht, den Groll, den Betrug, den sie in der stark konservativ geprägten Gesellschaft Malis ertragen muss. Dort wird sie oft für zu frei befunden, als zu sehr die Grenzen überschreitend und mit zu viel Glück gesegnet.
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Aber die erlittene Boshaftigkeit änderte ihren Stil mitnichten, sondern wirkte ganz im Gegenteil als Ansporn und Motivation, ihre Rolle seit dem Erfolg von Moussolou als wichtige Stimme in Mali einzunehmen. Die Cassettenversion des Albums wurde 250.000 Mal verkauft und hat viel für den Feminismus in Westafrika bewirkt. „They slandered me, and attributed the worst vices in the world to me” singt Oumou in „Yere Faga” (das Wort für Selbsttötung in der Bambara-Sprache). Aus diesem Kampf gegen Vorurteile und Widerstände heraus ging sie als Siegerin hervor und Songs wie „Kamelemba“ (Playboy), „Kounkoun“ (schlechte Saat), „Mogoya“ (menschliche Beziehungen) und „Bena Bena“ (Undankbarkeit) wurden daraus geformt.
Es ist Oumous kämpferische Natur, mit der sie sich dem Leid entgegenstellt, während sie sich aber ihre Verbindung zu manchen wichtigen Werten der Gesellschaft Malis erhält („Fadjamou“, „Mali Nilé“). Die Songs erscheinen in ihrem natürlichen Zustand, ohne Extras oder großes Brimborium, aber befeuert von Willenskraft und einem Gefühl der Rache. Auf ihr Geheiß hin kamen noch zwei ältere Titel hinzu: „Saa Magni“, in dem sie den Tod eines ihrer Förderer, Amadou Ba Guindo vom Orchestre National Badema, betrauert. Der zweite Song „Diarabi Nene“ aus dem Album Moussolou ist einer ihrer wichtigsten. Er führte zu einem Skandal, weil Oumou es wagte, der Welt von ihren ersten sinnlichen Begegnungen zu erzählen: „Ich schrieb den Text mit fünfzehn, damals verliebte ich mich zum ersten Mal. Ich singe ohne Hemmungen über die Liebkosungen meiner Hände auf dem Körper meiner Liebe und meinem wohligen Schauder bei der Berührung seiner Haut.“
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Der Song war in einer von der hauptsächlich weiblichen Selbstverpflichtung zu Zurückhaltung und Sittsamkeit geprägten Welt einfach unvorstellbar, er konfrontierte Tabus und ließ Oumou Sangaré wie eine Revolutionärin erscheinen. Sie erlangte von einem Tag zum anderen eine so große Popularität unter der Jugend Westafrikas, dass sie diese nutzte, um Genitalbeschneidung, Zwangsehen und das ihre eigene Familie zerstörende System der Polygamie anzuprangern.
Als in der ganzen Welt bekannte Künstlerin ist Oumou Sangaré auch heute noch mit demselben Gefühl der Freiheit und Wagemut den Themen verbunden, die sie schon bei der Veröffentlichung ihrer ersten Cassette vor dreißig Jahren ansprach. Sie ist die Kämpferin, die unbesiegte Rebellin, die sich auf Acoustic wie auf einem Albumschnappschuss vom allgegenwärtigen Zeitgeist endloser digitaler Manipulation abwendet und sich an die Speerspitze für die Befreiung der Frauen in Afrika über die Grenzen von Tradition UND Moderne stellt.
Weitere Informationen:
https://www.facebook.com/oumousangareofficiel/
OUMOU SANGARÉ
Das neue Album: Acoustic
VÖ: 28.08.2020
Label: Nø Førmat!
Formate: CD, Vinyl, digital
Vertrieb: IDOL / Indigo
EAN CD: 3700551783199
Katalognummer CD: NOF 47
EAN LP: 3700551783205
Katalognummer LP: NOF 47LP
Labelcode: 35386
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