Hector Zazous Album Geographies wird bei Crammed Discs wiederveröffentlicht

Hector Zazous Album Geographies trägt die Nummer 5 in der „Made To Measure“-Serie und ist ursprünglich 1985 veröffentlicht worden. Ein Kammerensemble, klassische und Pop-Vocals, eine unorthodoxe Produktion, ein Folk-Stück sowie ein von Ironie geprägter Ansatz an die Klassik des frühen 20. Jahrhunderts à la Satie oder Debussy fließen hier zusammen. Die Stücke tragen Titel wie „Cine Cittá: Gare Centrale“ oder „Sidi Bel Abbès“ und sind wie eine spielerische Reise durch Zeit und Raum.

Für die Wiederveröffentlichung am 28.05.2021 ist das Album neu gemastert worden und bietet in der LP-Version eine Downloadkarte für dreizehn kurze Stücke namens „13 Proverbes africains“, die Zazou für ein klassisches Vokal-Quartett geschrieben hat. Sie sind auch in der ersten CD-Auflage in den späten 1980er Jahren sowie den jetzt erscheinenden CD- und digitalen Neuauflagen enthalten.

Die neun atmosphärisch bunten Stücke des Albums sind zwischen 1982 und 1984 mit 25 Vokalist*innen und Instrumentalist*innen an Streich-, Holz- und Blechblasinstrumenten, Gitarren, Synths, Perkussion, Soundeffekten sowie Stimmen in Paris eingespielt worden. Das Albumcover ist eine Reproduktion eines Gemäldes von Gérard Garouste, der in den 1980er Jahren als einer der führenden Künstler der neoklassisch-postmodernen Bewegung galt.

Zazous Vorliebe für italienische Filmkomponisten zeigt sich direkt im ersten Stück des Albums „Cine Cittá“, im darauf folgenden „Denise à Venise“ findet man „Mélodies francaises“ à la Debussy, Ravel oder Satie, und das nächste Stück „Sidi Bel Abbès“ für Streichquartett und klassische Stimmen beschwört Hector Zazous Kindheitserinnerungen aus seiner Kindheit in Algerien herauf. Einen leichteren Ansatz bietet das Pop-Folk-Stück „Vera C“ mit seinem Text in spanischer Sprache, bevor man mit „Pali Kao“ eher mysteriöses Gelände betritt. Geht es darin um die gleichnamige Schlacht des zweiten Opiumkriegs oder das Kunst- und Kulturzentrum „L’usine de Pali-Kao“ in Paris, in dem es Anfang der 1980er Jahre unzählige Ausstellungen und Performances gab? Oder ganz profan um einen Straßennamen in Zazous Pariser Stadtviertel Belleville? Erst vor kurzem stellte sich heraus, dass das Stück ursprünglich „L’Opéra de Pali Kao“ hieß und vier Teile namens „Le jeune matelot“, „Les sirènes“, „Les brumes de Pali Kao“ und „Le jour se lève“ haben sollte.

Die drei darauf folgenden Stücke sind zum Großteil instrumental und enthalten einige von Zazous besten und poetischsten Kompositionen und Arrangements. Am Ende des Albums steht mit „Des Cocotiers“ ein träumerischer Track mit Vibraphon, Streichern, Flöte, Fagott, Feldaufnahmen und einer kindlich klingenden Stimme.

Kurzbiographie Hector Zazou:
Hector Zazou wurde in Algerien geboren, begann aber seine Musiklaufbahn in Marseille. Dort war er Mitbegründer einer der berüchtigsten Underground-Rockband der frühen 1970er Jahre, dem Kollektiv Barricade sowie des Duos ZNR mit Joseph Racaille, ebenfalls Mitglied des Kollektivs. Das von Captain Beefheart und Eric Satie beeinflusste, 1976 erschienene Barricade 3 von ZNR war ihr Debütalbum und hat seit seiner Veröffentlichung Generationen von experimentellen Popbands inspiriert wie aktuell z.B. Aquaserge, Julien Gasc oder Forever Pavot.

Zum Ende der 1970er Jahre zog Zazou nach Paris und beschäftigte sich mit einer Reihe von provokativen Projekten, darunter das berüchtigte Album La Perversitá und einer Single, auf der der französische Staatspräsident Giscard d’Estaing im Zuge seiner Wiederwahlkampagne verspottet wurde. Zur selben Zeit schrieb Zazou experimentelle sowie Kammermusik, veröffentlichte das elegante zweite ZNR-Album, brachte seine Kompositionen mit einem Streichquartett auf die Bühne und war unter seinem wirklichen Namen Pierre Job als Journalist für die französische Presse tätig.

In den 1980er Jahren arbeitete Zazou mit in Paris ansässigen afrikanischen Musikern und Vokalisten zusammen. Daraus entstanden u.a. die Zazou Wemba 12“ „Malimba” sowie gemeinsame Projekte mit Bony Bikaye und Kanda Bongo Man, Basis des „Made To Measure Vol. 2“-Albums Reivax au Bongo. Es folgte das gefeierte Album Noir et Blanc von Zazou Bikaye CY1, ein Meilenstein des Afro-Electro. Während Zazou Bikaye als Band entwickelt wurde, die auf Tour ging und zwei weitere Alben einspielte, ging Zazou parallel anderen Interessen nach und veröffentlichte mit Geographies, Reivax au Bongo und Geologies drei Titel innerhalb der „Made To Measure“-Reihe.

In den frühen 1990er Jahren begann Zazou an Konzeptalben mit vielen Gästen zu arbeiten, darunter auch der korsische Chor Les Nouvelles Polyphonies Corses, für dessen gleichnamiges Album ihm ein „Victoire de la Musique“ verliehen wurde; es folgten ein Arthur Rimbaud Tribute-Album namens Sahara Blue mit John Cale, Bill Lasswell, Khaled und Gérard Depardieu, Songs From the Cold Seas aus dem Jahr 1994 mit Björk, Suzanne Vega, Siouxsie, Strong Currents mit Laurie Anderson, Lisa Germano, Jane Birkin oder Lights In The Dark mit Brendan Perry, Ryuchi Sakamoto und Peter Gabriel.

Sahara Blue ist als Teil der „Made To Measure“-Reihe erschienen, Zazous andere Konzeptalben wurden von Major-Plattenfirmen finanziert. Danach war Zazou an vielen weiteren Alben beteiligt, ob als ausführender Künstler oder Produzent; beim belgischen Label Crammed Discs wurden insgesamt elf Alben ab den frühen 1980er Jahren veröffentlicht, darunter auch das posthum erschienene In The House Of Mirrors, das er mit klassischen Musikern aus Indien und Usbekistan gemeinsam eingespielt hatte. Hector Zazou verstarb im Alter von 60 Jahren im September 2008.

Ausgewählte Diskographie:
ZNR: Barricade 3 (1976)
ZNR: Traité de Mécanique Populaire (1978)
Zazou/Bikaye: Noir et Blanc (Crammed, 1983)
Zazou/Bikaye: Mr. Manager (Crammed, 1985)
Hector Zazou: Reivax au Bongo (Crammed, 1986)
Hector Zazou: Géologies (Crammed, 1988)
Zazou/Bikaye: Guilty (Crammed, 1988)
Hector Zazou & Les Nouvelles Polyphonies Corses: Les Nouvelles Polyphonies Corses (1991)
Hector Zazou: Sahara Blue (Crammed, 1992),
Hector Zazou: Songs From The Cold Seas (1995)
Hector Zazou & Harold Budd: Glyph (Crammed, 1995)
Barbara Gogan & Hector Zazou: Made On Earth (Crammed, 1997)
Hector Zazou: Lights In The Dark (1998)
Hector Zazou & Sandy Dillon: 12 (Las Vegas Is Cursed) (Crammed, 2001)
Hector Zazou: Strong Currents (2003)
Hector Zazou: Corps Electriques (2008)
Hector Zazou & Swara: In the House of Mirrors (Crammed, 2008)

HECTOR ZAZOU
Die Wiederveröffentlichung: Geographies
VÖ: 28.05.2021
Label: Crammed Discs
Vertriebe: Indigo
Bestellnummer: MTM5
Format: CD, LP + DL-Card + 13 Bonustracks, digital
EAN CD: 876623008286
EAN LP: 876623006923
Labelcode: 08689

Dieser Beitrag wurde unter News | Tour Dates abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.